Mutterschutz
Häufig erreichen mich Fragen zum Thema Mutterschutz, Beschäftigungsverbot (individuelles vs. betriebliches) und den entsprechenden gesetzlichen Grundlagen. Im Folgenden finden Sie vorab einen groben Überblick – Fragen natürlich wie immer gerne jederzeit. Als Betriebsärztin darf und kann ich Ihnen allerdings keine verbindlichen Rechtsauskünfte geben – der Artikel dient einem groben Überblick über Rechte und Pflichten der werdenden Mutter und der Arbeitgeber.
Für den Zeitraum von 6 Wochen vor -bis 8 Wochen nach einer Entbindung gilt die gesetzliche Mutterschutzfrist nach § 3 Mutterschutzgesetz. In dieser Zeit darf ein Arbeitgeber die Frau nicht beschäftigen – das Einkommen wird nach den Regelungen des fünften Buchs Sozialgesetz (SGB V) geleistet. Das Mutterschutzgesetz regelt ebenso z. B. den Anspruch auf Erhalt des Erholungsurlaubs und die vertragsmäßige Weiterbeschäftigung nach Ablauf der Mutterschutzfristen.
Elternzeit / Elterngeld – Nach § 15 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz sind Arbeitnehmende berechtigt, die entweder mit eigenem oder aufgenommenem Kind oder Enkelkind in einem Haushalt leben, dem eigenen oder aufgenommenen Kind des Ehepartners/-partnerin in einem Haushalt leben oder mit einem Kind in einem Haushalt leben und als Vater dieses Kindes die Vaterschaftserklärung abgegeben haben, diese aber noch nicht wirksam ist oder mit dem Kind als Verwandte bis zum dritten Grad mit dem Kind zusammenleben (Großeltern, Urgroßeltern, Onkel, Tante) weil die Eltern das Kind aus verschiedenen Gründen nicht betreuen können, oder mit einem Kind zusammenleben, das in Vollzeitpflege aufgenommen worden ist. Der Anspruch besteht bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes, davon können bis zu 24 Monate zwischen dem dritten und achten Geburtstag genommen werden. Die Zeit kann auch anteilig gemeinsam genommen werden. Liegen die Voraussetzungen vor (§§1 ff. BEEG), so besteht Anspruch auf Elterngeld (Basiselterngeld oder Basiselterngeld plus, nachzulesen unter §4 BEEG)


Schutz der Gesundheit von Mutter und Kind, auch am Arbeitsplatz – Verbot der Mehrarbeit (§ 4 Mutterschutzgesetz): Schwangere (und Stillende) Mütter (ab 18. Lebensjahr) dürfen vom Arbeitgeber nicht länger als achteinhalb Stunden täglich oder über 90 Stunden in der Doppelwoche mit einer Arbeit beschäftigt werden. (Unter 18 Jahren: nicht länger als acht Stunden täglich oder über 80 Stunden in der Doppelwoche). Nach Beendigung der Arbeitszeit ist eine Ruhepause von mindestens 11 Stunden zu gewähren. Weiterhin im Mutterschutzgesetz nachzulesen: § 5 Verbot der Nachtarbeit; § 6 Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit; § 7 Freistellung für Untersuchungen und zum Stillen;
Mutterschutzgesetz §§ 9 und 10: Sobald eine Frau dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, dass sie schwanger ist oder stillt, hat der Arbeitgeber / Vertreter unverzüglich gemeinsam mit der Schwangeren eine individuelle Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und die nach Maßgabe der Gefährdungsbeurteilung erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen (die anlasslose Gefährdungsbeurteilung muss bereits im Vorfeld Aussagen zur Beschäftigung schwangerer oder stillende Mütter treffen) . Mustervorlagen finden sich auf den Seiten der BGen, Gewerbeaufsichten, Arbeitskreis Mutterschutz etc.
Was ist ein Beschäftigungsverbot, was ist der Unterschied zwischen einem individuellen- und einem betrieblichen Beschäftigungsverbot, wer spricht das Beschäftigungsverbot aus und was ist diese „unverantwortbare Gefährdung“ von der neuerdings im Mutterschutzgesetz gesprochen wird?
Zunächst zu dem relativ neuen Begriff der „unverantwortbaren Gefährdung“:
Eine unverantwortbare Gefährdung ist nach § 9 Abs. 2 Satz 2 eine Gefährdung, bei der die Eintrittswahrscheinlichkeit angesichts der zu erwartenden Schwere des möglichen Gesundheitsschadens für Mutter oder (ungeborenes) Kind nicht hinnehmbar ist.
Diese Definition hört sich unklar und „schwammig“ an – sie ist es auch, und ist daher auch bereits in Kritik geraten.
Im Mutterschutzgesetz nachzulesen (§§11, 12) ist eine lange Liste mit Gefahrstoffen und Arbeitsbedingungen, denen schwangere Frauen nicht ausgesetzt werden dürfen.
Zu Erwähnen ist hier auch ein „präventiver Mutterschutz“, also die Aufklärung von Frauen bis Mitte /Ende 40. Schwangerschaften werden üblicherweise erst ab Woche 5-6 und oft auch deutlich später festgestellt, so dass in einem sehr frühen Stadium dann bereits eine Gefährdungssituation vorliegen kann.
Und, um das noch zu erweitern, – idealerweise sollte niemand Gefahrstoffen ausgesetzt sein. Von einem ordentlichen Arbeitsschutz, der „unverantwortbare Gefährdungen“ verhindert, profitieren letztendlich alle – nicht nur Schwangere und Stillende!
Als einige wenige Beispiele für Gefahrstoffe und unverantwortbare Arbeitsbedingungen seien nun genannt: das Heben und Tragen – unzulässig dauerhaft ab 5 kg und auch einmalig ab 10 kg; ionisierende Strahlungen; Biostoffe (z. B. Parvovirus B 19, CMV – z. B. bei Arbeit in Kitas); Erschütterung, Vibration, Lärm, Hitze, Kälte; Überkopf-, Fließband-, Akkord- oder sonstige getaktete Arbeiten; Arbeiten unter sauerstoffreduzierter Atmosphäre, unter Tage, mit belastender Schutzausrüstung, in Zwangshaltung; toxische und keimzellmutagene Stoffe usw….
Nach § 13 MuSchG soll zunächst versucht werden, den Arbeitsplatz umzugestalten oder für die Schwangere einen anderen Arbeitsplatz zu finden. Ist dem Arbeitgeber dies nicht möglich und kann er eine unverantwortbare Gefährdung nicht ausschließen, darf er sie nicht weiterbeschäftigen und spricht ein betriebliches Beschäftigungsverbot aus. Dies darf für die Schwangere keinen Verdienstausfall zur Folge haben und der Arbeitgeber hat Anspruch auf Erstattung gegen die Krankenkasse nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz („Umlagetopf“ der Krankenkassen, „Umlage U2“).
Das betriebliche Beschäftigungsverbot wird vom Arbeitgeber ausgesprochen. Als Betriebsärztin kann ich hierfür eine Empfehlung ausstellen, das Beschäftigungsverbot selbst kommt aber vom Arbeitgeber. Also: Betriebliches Beschäftigungsverbot = der Grund hierfür ist die Tätigkeit.
Das individuelle Beschäftigungsverbot im Gegensatz zum betrieblichen liegt in der Schwangerschaft begründet- z. B. vorzeitige Wehen, Beschwerden oder Erkrankungen, die im Zusammenhang mit der Schwangerschaft stehen, und kann von allen behandelnden Ärzten ausgesprochen werden (Hausarzt, Gynäkologe); für einen Teil oder die gesamte Schwangerschaft. Also: individuelles Beschäftigungsverbot = der Grund dafür liegt nicht in der Tätigkeit sondern ist schwangerschaftsbedingt.
Kein Beschäftigungsverbot bzw., „nur“ eine „normale“ Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird ausgestellt bei Erkrankungen, die auch Nicht-Schwangere betreffen, bzw. die in einer gesunden Schwangerschaft auch zu erwarten sind (grippaler Infekt, Übelkeit am Morgen, Abgeschlagenheit vor allem in ersten Trimenon) und die aller Voraussicht nach vorübergehend sind.
Wichtige Themen sind Stress oder leider auch das was unter „Mobbing“ bekannt ist, und vor denen Schwangere natürlich auch unbedingt zu schützen sind. Immer dann, wenn Ärzte durch die Situation am Arbeitsplatz die Gesundheit einer Schwangeren oder ihres Kindes gefährdet sehen, können sie ein Beschäftigungsverbot nach dem MuSchG aussprechen.
Auch hier möchte ich darauf hinweisen, dass sämtliche Untersuchungs- und Beratungsinhalte unter Datenschutz und Schweigepflicht (auch gegenüber dem Arbeitgeber) stehen.